Was das Insektensterben für uns bedeutet und was man dagegen tun kann.
Man hört immer häufiger vom Insektensterben. Tatsächlich gibt es sehr eindeutige Anzeichen hierfür. Jeder von uns konnte vermutlich feststellen, dass in den letzten Sommern deutlich weniger tote Insekten an seiner Windschutzscheibe klebten. Vielleicht waren sogar weniger Vögel zu sehen. Insekten bilden einen elementaren Pfeiler unseres Ökosystems und stellen quasi eine Teilbasis unserer Nahrungskette dar.
Eine Feldforschung von Hobby-Insektenkundlern (Entomologen) aus Krefeld, über die sogar das Wissenschaftsmagazin „Science“ berichtete belegt, dass es in den untersuchten Schutzgebieten bis zu 80 % weniger Insekten wie Wildbienen, Falter und Schwebfliegen gibt als noch 1989. Die Langzeitstudie lief über 27 Jahre und untermauert alarmierend den dramatischen Verlust der Biodiversität. Erhebungen dieser Größenordnung sind momentan noch relativ selten.
Wie viele Insekten leben in Deutschland?
In Deutschland gibt es noch ca. 30.000 Insektenarten.
Insektensterben weltweit
Das Phänomen des Insektensterbens ist flächendeckend und weltweit zu beobachten. Insekten machen mit ungefähr 1 Mio. Arten ca. 2/3 allen Lebens auf unserem Planeten aus.
Welche Hinweise gibt es für ein Insektensterben und warum ist das so schlimm?
Sollte es uns nicht gelingen, dieses Artensterben zu verhindern, werden zukünftige Generationen nicht nur mit den negativen Folgen dieser Entwicklung zu kämpfen haben, sondern auch in einer deutlich artenärmeren Umwelt leben müssen.
Von knapp 600 Wildbienenarten in Deutschland ist jede zweite inzwischen gefährdet. Über 50 % der Schmetterlingsarten sind bereits ausgestorben oder es existieren hiervon nur noch einzige Restbestände. Zahlreiche Insektenarten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Wir laufen große Gefahr die Biodiversität unseres Lebensraums zu verlieren.
Nicht nur das schöne Gefühl aus Kindheitstagen, dass Insekten wie Bienen, Schmetterlinge, Käfer und Mücken einfach dazugehören, sollte uns dazu bewegen Insekten zu schützen. Das Fehlen von Insekten und der enorme Verlust von Biomasse hat dramatische Auswirkungen auf die Populationen von Vögeln, Amphibien und Fledermäusen. Elternvögel können Teile ihrer geschlüpften Vogelküken nicht mehr aufziehen, weil ihnen hierfür das Futter fehlt. Man spricht bereits jetzt von Rückgängen von ca. einem Fünftel des Vogelbestandes in Deutschland. Das Fehlen dieser Arten hat wiederum Auswirkungen auf die danach folgenden Tierarten im Nahrungskreislauf etc. bis die Auswirkungen in verschiedenen Formen auch uns Menschen betreffen werden.
In der Natur sowie auf angelegten Obst- und Gemüseplantagen können die Bäume und Pflanzen nicht mehr bestäubt werden, was zuerst einen preislichen Anstieg von Obst und Gemüse zur Folge hat. Dies kann bis zu einem kompletten Ausbleiben dieser Nahrungsquellen führen. Eine massenhafte händische Bestäubung, wie sie bereits in Japan und China zu Teilen durchgeführt werden muss, ist keine wirkliche Lösung. Es gibt keine Alternative zu einer Welt mit Insekten. Ohne Insekten – kein Leben.
Was sind die wichtigsten Gründe für das Insektensterben?
Die Ursachen für den massiven Rückgang der Insekten sind vielfältig. Neben der monokulturellen Nutzung der Landschaft und den fortschreitenden Klimawandel, gilt die Ausbringung von Pestiziden und Dünger als verantwortlich für diese Entwicklung. Auch das Herbizid Glyphosat steht nicht nur in Verdacht “wahrscheinlich krebserregend” (IARC) zu sein, sondern hat natürlich auch die Aufgabe die nicht erwünschte Parallel-Flora neben den gewünschten Nutzpflanzen zu unterdrücken und schädigt somit die ökologische Vielfalt im Boden.
Was tut die Politik gegen das Insektensterben?
Es wurden zwar erste Beschlüsse und gesetzliche Regelungen verabschiedet, allerdings gibt es im Landwirtschaftsministerium auch noch viel Luft nach oben. Es soll zukünftig weniger Lichtfallen geben und es sind entsprechende Abstände zwischen den Flächen, auf denen Pestizide ausgebracht werden und Gewässern vorgeschrieben. Dennoch muss beim Umgang mit Pestiziden kompromissloser auf die Umweltverträglichkeit geachtet werden., da sich Insekten direkt auf unseren Nahrungskreislauf und unser Leben auswirken.
Durch den Klimawandel reduziert sich die Population der Insekten ohnehin bereits dramatisch, so dass wir jede Chance nutzen müssen, dem Sterben der Insekten entgegen zu wirken.
Was tun gegen das Insektensterben?
Um im großen Stil das Überleben der Insektenarten zu erreichen, müssen Agrarsubventionen an umweltschonenden Arbeitsweisen in der Landwirtschaft ausgerichtet werden. Geldleistungen sollten zukünftig verstärkt die Landwirte erhalten, die nach entsprechenden Kriterien umweltschonend und nachhaltig arbeiten.
Weitere Schritte wäre die Schaffung einer strukturellen Vielfalt in unserer Kulturlandschaft. Hecken und Feldrandstreifen, die breit genug sind um einen Habitat zu bilden, müssen zwischen den landwirtschaftlichen Nutzflächen angelegt werden. Für die Insekten ist es lebensnotwendig, dass sie wieder ein zusammenhängendes Netz an Lebensräumen zur Verfügung gestellt bekommen, in dem sie überleben und sich vermehren können.
Der Aufbau eines offiziellen Insekten-Monitorings, von einer objektiven Stelle, würde Aufschluss über die Entwicklungen der unterschiedlichen Bienen, Schmetterlinge, Käfer etc. geben und Anhaltspunkte zur Bekämpfung des Sterbens bieten.
Auch wenn es sehr wehtut, müssen wir liebgewonnene Verhaltensweisen wie den eigenen Fleischkonsum ernsthaft hinterfragen. Ehrlicherweise muss man auch diesen als eine mögliche Teilursache für das Insektensterben anerkennen. Durch die Massentierhaltung entsteht nicht nur viel Gülle, welche im übermäßigem Ausbringen die Umweltkreisläufe beeinträchtigen, sondern es müssen von der Landwirtschaft auch große Monokulturen zur Futterproduktion angelegt werden, in denen die Insekten nahezu keine Lebensgrundlage finden. Ein Fleischkonsum, der mit dem Bewusstsein einhergeht, welche Kosten durch dieses Stück Fleisch entstanden sind, lässt möglicherweise den Verbrauch sinken.
Was kann man tun um das Massensterben der Insekten aufzuhalten oder sogar zu beenden?
Neben einem veränderten Einkaufsverhalten und der Konzentration auf ökologische Produkte, die ohne negative Produktionsvoraussetzungen auskommen und sich positiv auf die Umwelt auswirken, sollte auch jeder Garten zur Bienen-, Schmetterlings- und Insektenoase umfunktioniert werden. Neben der Aufstellung von Überwinterungsquartieren wie Insektenhotels, sollten auch nektarreiche Pflanzen wie Sommerflieder, Lavendel, Klee, Disteln, Malven, Stockrosen, Bartblumen und Taubnesseln angepflanzt werden, die den Insekten zusätzliche Nahrung bieten.
Es hilft sehr, nicht jeden Bereich des Gartens top gepflegt zu halten, sondern einfach auch mal die Brennnesseln in der Ecke stehen zu lassen. Ecken mit Wildkräutern bieten den Insekten Nahrung und eine Überwinterungsmöglichkeit in den Stielen. Auch Naturhecken aus Totholz stellen für viele gefährdete oder stark gefährdete Arten einen hervorragenden Ruhe- und Lebensraum dar.
Landleben.bio möchte nicht nur die schönen Seiten des Landlebens zeigen, sondern etwas dazu beitragen, dass das Leben auf dem Lande schön bleibt. Aus diesem Grund haben wir die Aktion „Rettet die Insekten„ ins Leben gerufen. Bereits im letzten Jahr haben wir damit begonnen, ein uns zur Verfügung stehendes Waldgebiet in Niedersachsen (Monokultur von Fichten) „aufzuforsten“, um dort die Artenvielfalt zu erhöhen. Weitere Baumarten wie Eichen, Lärchen und Birken haben wir gepflanzt. Totholz wird ab sofort liegengelassen und in den niederen Waldschichten kommen langsam Brombeeren, Springkraut, Vogelbeeren, Farnkraut und Holunderbüsche, die den dort ansässigen Insekten mehr Möglichkeiten zum Leben bieten.
Auch wenn es etwas naiv erscheinen mag, versuchen wir durch unser Handeln, die Entwicklung des Insektensterbens aufzuhalten. Dieses existentielle Thema ist zu wichtig, um es nicht wenigstens zu versuchen.
Macht mit und gestaltet euren Garten zur Insekten-Oase!
Berichtet uns von euren Rettungsaktionen in den Kommentaren.